Botschafter Patric Franzen, Stellvertretender Staatssekretär im EDA und Chefunterhändler für die Verhandlungen mit der EU, gab einen allgemeinen Überblick zum Stand der Verhandlungen. Hintergrund ist der hindernisfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt. Als Land mitten in Europa haben wir grosses Interesse daran. Dabei kam auch zur Sprache, wie unterschiedlich das politische Verständnis in der EU und der Schweiz ist – die politische Kultur. Spezifisch zum öV erläuterte er den Paketpunkt «Vorschriften über staatliche Beihilfen im Luftverkehrs- und Landverkehrsabkommen (LVA) sowie dem künftigen Stromabkommen». Das sogenannte vierte Eisenbahnpaket der EU strebt einen attraktiveren, innovativeren und wettbewerbsfähigeren öV an. Damit verbunden ist die Liberalisierung des IPV. Auf diesem übergeordneten Überlegungen bauten die Referate des BAV, der SBB und des VöV auf. Der stellvertretende Direktor des BAV, Geri Balmer, stellte klar, dass es keine separate Betrachtung des LVA gibt sondern nur innerhalb des Gesamtpakets – wie bereits bei den Bilateralen I. Er machte nochmals klar, das sich diese Liberalisierung nur auf den IPV bezieht. Der nationale und regionale öV sind davon nicht betroffen. Balmer gab zu bedenken, dass aus Kundensicht eine kontrollierte Öffnung allenfalls auch Vorteile haben kann – durch neue oder ehemals eingestellte Verkehrsangebote. Prämisse bleibt aber klar: die schweizerische öV-Qualität muss bleiben. Daran knüpfte Luca Arnold, Leiter Regulation und Internationales SBB, an: Eine «Importierte Qualitätseinbusse» dürfen wir nicht hinnehmen. Grundsätzlich hat sich das kooperative Verfahren in der Schweiz – im Gegensatz zum wettbewerbsorientierten der EU – bewährt. Das sah auch der Direktor des VöV, Ueli Stückelberger so, und er betonte, dass Wettbewerb nicht per se besser sei als Kooperation. Und dieses Kooperationsmodell mit Nachbarbahnen müsse auch künftig möglich sein. Was aber nicht heisse, dass man einen Flixtrain verhindern soll. Es gehe darum, eine gute öV-Qualität zu erhalten ohne sich vom Ausland abzuschotten. Fazit Die Vertreter der öV-Branche waren sich einig, dass wir sehr interessiert sind, im IPV in Europa integriert zu sein – was umgekehrt auch für die EU gilt. Sie sahen das als Chance, den öV zu fördern, um den Modalsplit gegenüber MIV und Flugzeug zu verbessern. Dabei gelte es jedoch Randbedingungen zu beachten: - Vertakteter nationaler Bahnverkehr hat Vorrang, Trassenvergabe bleibt national - Tarifintegration gilt für alle «Player» und damit die Akzeptanz von GA und Halbtax - branchenübliche Sozialstandards sind einzuhalten - Kooperation staat reiner Wettbewerb muss weiterhin möglich sein Wichtig schien allen Referenten zu betonen, dass wir das Verhandlungspaket erst am Schluss aufgrund des Resultats beurteilen – und nicht vorgängig aufgrund von Vermutungen. Die Präsentationen zur Tagung: «Aktuelle Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU – Was kommt auf die Schweiz und den öV zu?» Pressetexte zum Thema: NZZ 1.10.2024: «Keine Angst vor mehr Wettbewerb im Schienenverkehr» von Daniel Imwinkelried NZZ 19.7.2024: «Die Liberalisierung ist für die SBB eine Chance» von Tobias Gafafer NZZ 12.7.2024: «Verhandlungen EU - Schweiz: Wann gibt es im internationalen Bahnverkehr endlich mehr preisdämpfende Konkurrenz?» von Daniel Imwinkelried
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